Öffentlichkeitsarbeit: Krisenkommunikation

Wie verhält man sich als pädagogische Einrichtung, wenn Kinder oder Jugendliche zu Schaden gekommen sind, sei es durch bewusste Handlungen oder durch Versäumnisse? Was ist, wenn der Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch vorliegt oder auf einen gewaltsamen Übergriff?

Führen in einer Krise setzt kurze Wege, klare Absprachen und eine transparente Information von Betroffenen, deren Angehörigen, ggf. den Mitschüler:innen und der Öffentlichkeit voraus. Deshalb ist es notwendig, sich bereits vor einer Krise darüber zu verständigen, bei wem im Ernstfall die Fäden zusammenlaufen.

Selbstverständlich gilt immer die Unschuldsvermutung, bevor eindeutig feststeht, dass ein Übergriff tatsächlich stattgefunden hat. Gerade bei kollegial geführten Einrichtungen besteht aber die Gefahr, dass der Mechanismus des Nicht-Wahr-Haben-Wollens, dann des Wegdrückens und schließlich der Bagatellisierung einsetzt, dass also das Opfer in die Rolle des Täters gedrängt wird, weil es den Frieden stört. Deshalb sollten folgende Abläufe sehr zeitnah erfolgen bzw. nach Möglichkeit bereits im Vorfeld festgelegt werden:

1. Ansprechpartner:innen benennen

Es muss einen, höchstens zwei namentlich benannte Ansprechpartner:innen aus dem Kollegium geben – bei zwei Ansprechpartner:innen sinnvollerweise eine Frau und einen Mann. Die Namen der Ansprechpartner:innen müssen den Schüler:innen, Eltern und Mitarbeiter:innen bekannt sein, z. B. durch Aushang am „Schwarzen Brett“.

2. Beratungsstellen kennen

Es empfiehlt sich, sehr schnell eine externe, unabhängige Beratungsstelle einzubeziehen. Damit das klappt, sollte es bereits vorher einen Kontakt zu einer externen Beratungsstelle geben. Je nach Vorfall, Ort und Schweregrad müssen auch die Staatsanwaltschaft und das zuständige Kultusministerium oder die zuständige Aufsichtsbehörde informiert werden.

3. Konsequent handeln

Bei schweren Vorwürfen muss der/die Beschuldigte ggf. bis zur vollständigen Aufklärung beurlaubt werden. In einem solchen Fall empfiehlt sich ein vorübergehendes Hausverbot und das Hinzuziehen einer Anwältin oder eines Anwalts.

4. Informationen intern

Die Eltern, ggf. auch die Mitschüler:innen und in besonderen Fällen auch eine erweiterte Elternschaft muss sehr zeitnah (wenige Tage) informiert werden.

5. Schutzkonzept bekanntmachen

Den Schüler:innen muss eine externe Anlaufstelle genannt werden. Es gibt eine anonyme Hotline beim Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung: 0800- 2255530.
Webseiten: hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html
Hilfe findet man auch beim Kinderschutzbund: dksb.de/de, hier gibt es regionale Angebote.
BdFWS: waldorfschule.de/ueber-uns/was-tun-bei-missbrauch

6. Informationen extern (Presse-Erklärung)

Wenn diese Abläufe geklärt sind, ergeben sich daraus bereits die meisten Inhalte einer Presseinformation. Merke: Die Presse braucht Futter, Redakteur:innen haben in der Regel wenig Zeit zum Recherchieren und wollen Fakten präsentieren. Daher sollte man ihnen diese umgehend liefern. Betroffenheitsbekundungen und Erklärungen, man werde jetzt „einen Prozess beginnen“, dürfen als wörtliche Rede auftauchen, aber nicht den Hauptinhalt einer Presseinformation ausmachen. Diese sollte so knapp sein wie möglich, aber alles enthalten, wie Auslöser und was tatsächlich getan und auf den Weg gebracht wurde.

7. Pressesprecher:in (Krisen-PR)

Wichtig ist, dass das Kollegium nach außen mit nur einer Stimme spricht. Daran muss sich Jede:r halten. Wenn es gelingt, die Eltern davon zu überzeugen, dass sie ebenfalls auf die benannten Ansprechpartner:innen verweisen – umso besser. Weitere Informationen und eine Handreichung für den Fall eines Missbrauchs finden Sie auf der Homepage des BdFWS: www.waldorfschule.de/ueber-uns/was-tun-bei-missbrauch

Tipp:

Für Unterstützung bei Krisenfällen steht die Presse- und Öffentlichkeitsarbeitsabteilung des BdFWS (Tel. 030-57711334- 0 und per E-Mail) zur Verfügung.

Beispielhafte Inhalte einer Presse-Erklärung:

Gegen eine:n unserer Mitarbeiter:innen läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch bzw. sexueller Belästigung.

Sobald der Stand des Ermittlungsverfahrens dies zugelassen hat, haben wir den:die betreffenden Mitarbeiter:in von sämtlichen Aufgaben entbunden und ein Betretungsverbot für unser Schulgelände ausgesprochen.

Ferner haben wir unsere Dachverbände und die Schulaufsichtsbehörde informiert.

Wir unterstützen die Aufklärung der Vorwürfe mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln.

Den Elternhäusern und Schüler:innen, die die Ermittlungen in Gang gebracht haben, bieten wir jede Form der internen oder externen psychologischen und rechtlichen Beratung und Unterstützung an.

Umgehend werden wir mit externen Beratern das Schutzkonzept unserer Schule überprüfen.

Für Rückfragen: Name, Telefonnkontakt und E-Mail-Adresse (Pressesprecher:in)